NEUKALEDONIEN
24. Juli 2020SENEGAL & GAMBIA
24. August 2020
TAIWAN - schon China, aber doch anders
von einem fehl platzierten AKW, sensationellen Gebirgslandschaften und roten Zähnen„Ilha Formosa“ – schöne Insel, nannte sie ein portugiesischer Seefahrer– unter diesem Namen war die subtropische Insel noch bis in die 80er Jahre des letzten Jahrhunderts bekannt. Bei mir werden eher Kindheitserinnerungen an Plastikspielzeug „Made in Taiwan“ und „Formosa-Spargel“ in der Dose geweckt. Trotzdem wollte ich diese, neben der Urbevölkerung auch von Portugiesen, Holländern, Japaner und nach dem chinesischen Bürgerkrieg maßgeblich von Festlandchinesen geprägte Insel, einmal kennen lernen.
Irgendwie ist Taiwan so ein Treppenwitz der Geschichte – nur einige wenige Staaten erkennen Taiwan offiziell überhaupt an, trotzdem ist die Wirtschaftsgroßmacht mit seinen nur 36.000 Quadratkilometern einer der wichtigsten Handelspartner für alle Länder, auch jener, die Taiwan als abtrünnige Provinz der Volksrepublik betrachten. Geld stinkt bekanntlich nicht.
An der hochindustrialisierten Westküste wollen wir uns nicht all zulange aufhalten. Nach einem langen Direktflug von Wien kommend, beginnt unsere Rundreise mit einem kurzen Besuch in der Hauptstadt Taipei. Erstes Ziel ist das höchste Haus der Insel und für einige Jahre auch der ganzen Welt, der „Taipei 101“, mit seiner an eine sich nach oben verjüngende Bambusstange angelehnten Architektur. Besonders interessant ist die ganz oben hängende tonnenschwere Kugel, die Erdbebenschwankungen ausgleichen soll, was bei unserem Besuch glücklicherweise nicht getestet werden musste. Danach spazieren wir noch an der monumentale Grabanlage des Staatsgründers Chiang-Kai-Shek vorbei. Einst in China Anführer der Nationalisten und gemeinsam mit den Kommunisten Mao und Zhou-Enlai vereint im Krieg gegen die Besatzer aus Japan, brach nach der Befreiung Chinas bald ein ideologischer Krieg aus, der die Flucht der Nationalisten nach Taiwan und die Gründung der Republik Taiwan zur Folge hatte. Diese Situation hält bis heute an.
Unser Hotel liegt direkt in der Altstadt und wir lassen uns durch das hektische, geschäftige, bunte und turbulente Leben treiben. Schon am nächsten Tag besteigen wir am Hauptbahnhof einen der super-schnellen, aus Japan stammenden Shinkansen Züge und rauschen mit 300 km/h südwärts, in die zweitgrößte Stadt Taiwans – Kaoshiung. Dazwischen liegen erntereife, gelbe Reisfelder und viel Industrie. Mehr wie die Hälfte der Bevölkerung lebt auf dieser Seite der Insel und findet hier Arbeit.
Nach der Übernahme unseres Mietwagens lotst uns unser Navi aus der Stadt, was bei der Beschriftung der Straßenschilder in Mandarin nicht immer ganz einfach ist, den einen oder anderen Schweißausbruch auslöst und das Adrenalin pumpen lässt. Aber irgendwie sind wir dann doch auf der Autobahn in Richtung Süden.
Unser Ziel ist Kending, die südlichste Stadt des Landes, welche in einem Nationalpark liegt. Auf den letzten Kilometern ändert sich die Landschaft schlagartig, die Kokospalmen bei vielen Hotels und Stränden zaubern asiatisches Ferien-Flair herbei. Der südliche Teil Taiwans liegt in den Tropen und im Nationalpark von Kending befindet sich auch das einzige Korallenriff des Inselstaates. Das einzige was uns wundert, sind die überall gut sichtbaren Warnschilder bei Tsunamiwarnung eine höher gelegene Stelle aufzusuchen und bei „nuklearem Alarm“ sich sofort in die Bunker zu begeben. Nun wissen wir ja, dass die Volksrepublik immer damit droht, die verlorene Provinz „heim“ zu holen, im Notfall auch mit Gewalt. Wer aber würde schon bei fast ständig wehenden Nord-Ost-Passaten einen Nuklearangriff starten und sich dadurch selber verseuchen? Wir staunen allerdings einige Minuten später nicht schlecht, als wir den Grund der Nuklearwarnung sehen. Nein, nicht die bösen Brüder vom Festland sind der Grund, sondern mitten im Nationalpark grüßen zwei Atommeiler alle Besucher. Dieses AKW im Nationalpark kommt uns ungefähr so surreal vor, wie wenn Zwentendorf in der Hainburger Au errichtet worden wäre.
Der südliche Teil Taiwans liegt in den Tropen und im Nationalpark von Kending befindet sich auch das einzige Korallenriff des Inselstaates. Das einzige was uns wundert, sind die überall gut sichtbaren Warnschilder bei Tsunamiwarnung eine höher gelegene Stelle aufzusuchen und bei „nuklearem Alarm“ sich sofort in die Bunker zu begeben. Nun wissen wir ja, dass die Volksrepublik immer damit droht, die verlorene Provinz „heim“ zu holen, im Notfall auch mit Gewalt. Wer aber würde schon bei fast ständig wehenden Nord-Ost-Passaten einen Nuklearangriff starten und sich dadurch selber verseuchen? Wir staunen allerdings einige Minuten später nicht schlecht, als wir den Grund der Nuklearwarnung sehen. Nein, nicht die bösen Brüder vom Festland sind der Grund, sondern mitten im Nationalpark grüßen zwei Atommeiler alle Besucher. Dieses AKW im Nationalpark kommt uns ungefähr so surreal vor, wie wenn Zwentendorf in der Hainburger Au errichtet worden wäre.
Unser Weg führt uns nun entlang der Ostküste wieder nach Norden. Durch einen kürzlich abgegangenen Erdrutsch ist die einzige Straße allerdings gesperrt und wir müssen einen Umweg von knapp 100 km fahren. Als wir die Ostküste endlich erreichen, empfängt uns eine der schönsten Küstenlandschaften die wir je gesehen haben und die Szenerie wird sich auch die nächsten Tage nicht ändern. Der Kampf zwischen der Brandung des offenen, wilden Pazifiks und dem Widerstand der steil in den Ozean abfallenden Steilküste modellierten über die Jahrtausende eine unbeschreibliche Szenerie.
Kleine Fischerdörfer, nur selten größere Städte bilden das komplette Gegenteil der dichtgedrängten Ostküste. Flüsse aus dem Gebirge, direkt ins Meer fließend, kommen oft aus wunderschönen Schluchten, deren Anfang meist begehbar und absolut sehenswert sind. Lediglich auf die überall rumsitzenden Affen, die alles klauen was nicht niet- und nagelfest ist, muss man achten.
In den Städten in denen wir übernachten, werden wir allerdings immer wieder in die politische Realität zurückgeholt. Jede Stadt scheint einen Luftwaffenstützpunkt zu haben und tiefliegende Kampfjets donnern mit ohrenbetäubendem Lärm im Tiefflug über uns hinweg. Nach eineinhalb Tagen überqueren wir den Wendekreis des Krebses , jener imaginären Linie, die den Sonnenhöchststand zu Sommerbeginn markiert und die Grenze zwischen Subtropen und Tropen bildet.
Besonders angenehm ist das für Chinesen relativ untypische, ruhige Verhalten der Taiwanesen. Der Chef einer Pension, in der wir übernachten, erklärt uns, dass die Japaner nicht viel Gutes hinterlassen hätten, das „gute Benehmen“ der Taiwanesen jedoch sei auf die jahrzehntelange japanische Besatzung der Insel zurückzuführen. Im Gegensatz zu den Festlandchinesen ist vor allem das ekelhafte Spuken hier ein Tabu. Auch drängeln und extreme Hektik sind hier verpönt.
Allerdings haben die Taiwanesen dafür ein anderes asiatisches Laster, das die Behörden zum Wahnsinn treibt - das Kauen von Betel. Nicht so sehr wegen der ständig roten Zähne, die nach und nach schwarz werden, sondern eher die erschreckend hohe Zahl an Mund- und Kieferkrebs bereitet dem Gesundheitssystem Sorgen. Dennoch ist Betel vor allem bei der Landbevölkerung dermaßen populär, dass sich hier nicht wirklich viel verbessert. Auch die riesigen Plantagen mit Betelpalmen sprechen für sich.
Absolut Weltklasse ist die taiwanesische Küche, die uns besonders mit gefüllte Teigtaschen und Knödel, aber auch mit sensationellen Suppen und Nudelgerichten jeden Tag aufs Neue erfreut. Meist kehren wir in kleinen, sehr einfachen, an der Straße gelegenen Restaurants zu, wo auf dem Gehsteig direkt gekocht wird. Nördlich der Stadt Hualien ist es Zeit, sich von der Westküste zu verabschieden und durch eine der spektakulärsten Schluchten der Welt in Richtung Gebirge zu fahren. Jahrmillionen hat sich der Fluss Liwu durch das harte Gestein aus Marmor und Granit gefressen und eine atemberaubend schöne Landschaft hinterlassen – die Taroko-Schlucht! Heute führt eine Straße durch den knapp 20 km langen Felseinschnitt, den unzählige Wanderwege, Fotostopps und kleine Tempel säumen .
Nach der Schlucht führt die Straße über viele Kilometer steil bergauf und entlang senkrechter Felswände. Unser Auto schlängelt sich über Stunden in unzähligen Serpentinen nach oben. Die Landschaft ist überwältigend! Zedernwälder, schroffe Berge und heiße Mineralquellen ziehen auch viele Einheimische in Ihren Bann. Dementsprechend beliebt ist diese Straße auch bei Wochenendausflüglern von der Ostküste. In den großen, scheinbar unberührten Wäldern leben seltene Schwarzbären, Affen, Wildschweine und vom Aussterben bedrohte Vogelarten. Nach ein paar Stunden Fahrt erklimmen wir auch den höchsten Punkt der Reise, einen Pass auf 3.200 m Höhe. Die Aussicht ist grandios!
Am späten Nachmittag erreichen wir den berühmtesten, touristisch meist bekannten Ort Taiwans – den Sonne-Mond-See. Angeblich erinnert seine Form an die chinesischen Schriftzeichen für Sonne und Mond.
Heute ist der See das beliebteste Ziel für Hochzeitsreisende, aber auch Casinos und Kuranstalten säumen seine Ufer. Entsprechend ist auch die Infrastruktur ausgebaut. So schön die Landschaft auch ist, nach einer Umrundung auf der Uferstraße verlassen wir am nächsten Tag den See und wieder geht es hinauf in die Berge. Bald ist ein weiterer hoher Pass erreicht, von dem eine eintägige Tour zum höchsten Berg Taiwans, dem 3.952 m hohen Yusan (Jadeberg) unternommen werden kann. Hier liegt im Winter auch öfters Schnee. Vom angrenzenden Alishan Nationalpark führt die Straße nun steil in Richtung Ostküste, entlang großer Tee- und Betelnuss-Plantagen. Die am Straßenrand blühenden Weihnachtssterne erinnern uns wieder an die Jahreszeit daheim, die hier im subtropischen Klima nicht zu spüren ist.
Wieder an der Ostküste angekommen, nehmen wir die Autobahn in Richtung Süden. Langsam verschwindet die schöne Gebirgslandschaft und wir fahren wieder durch Reisfelder und Industriegebiete, die Taiwan so wohlhabend machen. In Kaoshiung geben wir das Auto ab, verbringen eine Nacht und am nächsten Morgen nehmen wir wieder den Shinkansen zurück zum Flughafen.
Diese einwöchige Reise durch Taiwan hat unsere Vorstelllungen von dieser Insel komplett verändert. Die Eindrücke seiner unvergesslich schönen Landschaften und seiner liebenswerten Menschen wirken noch lange in uns nach.
Euer Gerhard Rieder
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