GRIECHENLAND
19. Januar 2021Neu im Blog: MYANMAR (Burma)
16. Februar 2021
Myanmar (Burma)
mit dem Flussboot von Mandalay nach Bagan
von hauchdünnen Goldblättchen, strapazierten Flip-Flops und bemalten GesichternSelbst wenn man von Asien schon fast alles kannte – ein Land blieb bis 2011 den meisten „normalen“ Touristen praktisch verschlossen – Myanmar, das ehemalige Burma oder Birma. Nach der britischen Kolonialzeit, unterbrochen von der japanischen Besatzung im 2. Weltkrieg und einer kurzen demokratischen Übergangszeit, putschte sich das Militär an die Macht und riegelte dieses riesige Land am Indischen Ozean hermetisch ab. Unermessliche tropische Regenwälder, unbekannte Küsten und faszinierende Kulturschätze wollen entdeckt werden.
So machen auch wir uns auf den Weg über Singapore nach Yangon, ehemals Rangun, der größten und wichtigsten Stadt im Land. Gleich bei der Einreise am Flughafen merken wir schon, dass in diesem Land jegliche Art von Infrastruktur noch weit hinter internationalem Standard zurück ist.
Das macht das Land umso interessanter! Um in kein Fettnäpfchen zu treten, erkundigen wir uns vor Ort nach der korrekten Bezeichnung des Landes, aber jeder meint nur, es wäre egal ob man Myanmar, wie es das Militär wünscht oder Burma sagt. Man habe eben zwei gebräuchliche Namen. Ähnlich verhält es sich mit der Flagge der Nation, die welche vom Militär kreiert wurde oder aber die vom Volk meist gehisste regenbogenfarbige, buddhistische Flagge.
Nach dem Hotelbezug und einem obligaten Treffen mit dem Vertreter unserer Reiseagentur vor Ort, bestaunen wir zwei Tage lang Yangon. Höhepunkt ist natürlich die weltberühmte Shwedagon Pagode im Herzen der Stadt. Abermillionen hauchdünner Goldblättchen, die von den gläubigen Buddhisten auf die viele Statuen des Buddha geklebt werden, lassen die ganze Anlage glänzend leuchten.
Tausende und abertausende von Pilgern besuchen dieses wichtigste und größte aller burmesischen Heiligtümer um für eine gute Wiedergeburt zu beten und zu bitten. Aber noch interessanter für uns ist das Leben auf der Straße. Die alten Häuser wirken marode und vom Schimmel befallen, die Autos sind alt, meist rechtsgesteuerte, japanische Gebrauchtwagen. Absolute highlights, wie immer in Asien, sind die Märkte! Hier herrscht das pure Leben. Verkauft wird einfach alles und unsere Führerin erklärt uns die Funktion der Thanaka-Paste, die praktisch jede Frau und viele Männer täglich im Gesicht haben. Eine aus Baumrinde hergestellte Paste, die vor der Sonne schützt und die Haut pflegt.
Mit einem schon in die Jahre gekommenen Flieger verlassen wir Yangon zu unserem Hauptziel, den berühmten Städten Mandalay und Bagan, die durch den wichtigsten Fluss, den Irrawaddy verbunden sind. Als Boardingausweis erhält man beim Check-in bunte Tafeln mit Elefäntchen, die je nach Farbe dann zum Einstieg aufgerufen werden……“red elephant now boarding, blue elephant now boarding“…..
Mandalay war lange die Hauptstadt Burmas, bevor die Regierung in das im Süden gelegene Rangun zog, um schließlich Anfang dieses Jahrtausends eine neue Retortenstadt in der Mitte des Landes erbauen zu lassen – Naypyidaw. Diese Stadt durchlebt allerdings ein ähnliches Schicksal wie viele neue Regierungssitze vor ihr – „stell dir vor es gibt eine neue Hauptstadt und keiner will hin“
Mandalay, die alte Königsstadt von Burma, empfängt uns in unerwarteter Umgebung. Statt des erwarteten dichten Regenwaldes, zeugen die Akazien und die weiten, ebenen Flächen eher von einer Savanne. Der von Südwesten herbeiströmende Sommermonsun und der im Winter vorherrschende Nord-Ost-Passat regnen vor den Gebirgen an der Küste, bzw. an der chinesischen Grenze, sodass das Landesinnere, die Mitte Burmas, für südostasiatische Verhältnisse trocken bleibt. Erst gegen August regnet es dann auch hier heftig.
Mandalay – das Traumziel vieler britischer Kolonialbeamten, Stadt mit hunderten Tempeln und Pagoden auf beiden Seiten des Flusses. Sehenswert sind der alte Königspalast, die Märkte mit ihren Handwerkern, sowie außerhalb der Stadt die U Bein Brücke und die Tempel und Pagoden von Mindun auf der anderen Flussseite. In unzähligen Manufakturen werden Buddha-Statuen in allen Größen und aus allen erdenklichen Materialien hergestellt. Goldkügelchen werden durch ständiges schlagen zu hauchdünnen Goldblättchen geklopft, am Straßenrand brutzelt und gart es in tausenden von Pfannen und Töpfen.
Beherrscht aber wird die Szenerie vom allmächtigen, breiten Strom, der Lebensader des Landes – dem Irrawaddy. Der Irrawaddy ist, sowie der Indus, der Ganges, der Brahmaputra, der Mekong oder der Jangtsekiang, einer der vielen mächtigen Ströme Asiens, die das Hochland von Tibet entwässern. Er entspringt am äußersten östlichen Rand Tibets, schlängelt sich dann 2.200 km durch Burma, bevor er sich in ein gigantisches Flussdelta von 40.000 km² zerreißt um in den Golf von Bengalen zu münden. Durch seine immense Breite eignet sich der Fluss für den Transport von sperrigen Gütern, des heutzutage wichtigsten Rohstoff des Landes - Tropenhölzer. Diese werden vor allem in das befreundete China gebracht, das immer mehr das Zepter im Land übernimmt. Rohstoffe gegen Entwicklungshilfe!
Beim Besuch der unzähligen Pagoden und Tempel müssen immer die Schuhe ausgezogen werden. Deshalb kommt praktisch nur eine Fußbekleidung in Frage – Flip Flops. Eigentlich trägt die jeder und überall, da man sich in Räumen praktisch nur barfuß bewegt. Dementsprechend staubig sind die Füße dann auch am Abend. Überall, wo Touristen sind, fallen uns die vielen Verkäuferinnen auf, die versuchen ein in viele Sprachen übersetzte, billige Kopie eines Buches an den Mann oder die Frau zu bringen. Bald finden wir heraus, dass es sich hier um den Roman von George Orwell „Burmesische Tage“ handelt. Der Autor, der selbst Kolonialbeamter in Burma war, wurde später durch sein Buch „1984“ bekannt. Zynisch, ironisch, witzig und auf spannende Weise erzählt er in seinem Buch, wie die Briten in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts die viktorianischen Traditionen eines bereits absteigenden Empires zelebrieren und hochhalten.
Selbst viele Jahrzehnte nach der Kolonialzeit reflektiert der Alltag nach wie vor den Einfluss, den das Vereinigte Königreich im Land hinterlassen hat. Auch wir gönnen uns täglich ein paar Seiten dieses Romans, jeden Abend nach dem Essen. Am dritten Tag in Mandalay soll uns ein Boot in einer ganztägigen Fahrt nach Bagan, der 2. großen touristischen Sehenswürdigkeit bringen. Die “Malhika 2“, ein Flussboot chinesischer Bauart, gedacht für ca. 70 - 80 Personen ist mit gut doppelt so vielen Menschen beladen, dazu jede Menge Güter. Nach einem halsbrecherischen Balanceakt über ein dünnes Brett, welches als Verbindung vom Land zum Boot fungiert, überlassen wir die uns zugewiesenen Plätze im Unterdeck, neben der Klimaanlage gerne Einheimischen, die diesen Luxus schätzen und begeben uns, vollgeschmiert mit Sonnenschutz und gut bekleidet, am Oberdeck ins Freie. Außer uns sind
noch einige Touristen aus der ganzen Welt mit an Bord und so entstehen bald überall nette Gespräche woher und wohin und überhaupt ……
Kurz vor dem Ablegen wird von einem Stewart noch die Bestellung des Mittagessens entgegengenommen – Reis oder Nudeln, mit dem Hinweis, dass es bis am Abend in Bagan keine sonstige Verpflegungsmöglichkeit mehr gibt. So bestellen wir gleich unser Essen und genießen die nun beginnende Fahrt. Entlang unzähliger Tempel, Siedlungen und Plantagen geht es vorbei an den mit Erdnussfeldern bepflanzten Sandinseln, die nur in der Trockenzeit genutzt werden können. Der Monsoon lässt den Wasserpegel so stark ansteigen, dass dann die Sandinseln verschwinden. Ein ständiges Zittern für die Kleinbauern, dass der Regen nicht zu früh kommt und die Ernte wegspült.
Vorsichtig steuert der Kapitän das Boot in die Flussmitte. Jedes Boot, auch die allergrößten Holzfrachter, beladen mit Tonnen von Tropenholz, wird von einem Mann im Bug, der mit einer langen Holzstange ständig die Wassertiefe misst, zusätzlich gesichert. Bei einer Flussbreite, die sich stellenweise auf mehrere Kilometer ausdehnt, ist der Fluss außerhalb der Regenzeit relativ seicht. Dementsprechend viele Schiffe, die aufgelaufen sind, begegnen uns auch. Diese müssen dann mit Hilfe anderer Kähne wieder aus ihrer Misere befreit werden. Von den weltberühmten Irrawaddy-Delphinen sehen wir zwar keinen, allerdings kommt uns die „Road to Mandalay, ein umgebauter Rheindampfer, der Touristen zwischen den zwei Städten befördert, auf ihrem Weg stromaufwärts entgegen.
Früher las man ständig die altmodischen Begriffe „Hinterindien“ oder „Indochina“ - die Gegend zwischen den zwei Riesen Indien und China. Das Volk der Birmesen ist eine Mischung -südostasiatische Gesichter, aber oft mit dem dunklen Hauttyp der Inder. Natürlich gibt es noch andere Volksstämme in diesem riesigen Land mit den unterschiedlichsten Religionen. Die Buddhisten sind in der überwältigenden Mehrheit, aber in den Grenzregionen zu Bangladesch und Indien leben auch viele Muslime. Die Küche teilt sich ebenso in einen südostasiatischen kulinarischen Teil mit vielen Reisgerichten und einen typisch indischen mit Currys in jeglicher Form und Schärfe.
Unsere stundenlange Fahrt über den Irrawaddy endet am späteren Nachmittag am sandigen Ufer von Bagan. Stege zum Ein- und Aussteigen gibt es auch hier nicht. Der Wasserspiegel ändert ständig, zwischen der Regen- und Trockenzeit um viele Meter. Da müssen es auch wackelige Holzbretter tun, über die nun ein Gewimmel von Leuten die Waren, das Gepäck und teilweise die Touristen vom Schiff an Land trägt. Für uns geht es, kurz vor Einbruch der Dunkelheit, nur noch ins Hotel – ein wunderschöner Tag, mit unzähligen Eindrücken, klingt bei einem Abendessen auf einer Terrasse am Flussufer aus.
Aus dem Staunen nicht mehr rauskommen – so könnte man den folgenden Tag beschreiben. Bagan – laut vielen Berichten nach Angkor in Kambodscha die zweitgrößte Tempelstadt der Welt - raubt einem den Atem. Eine unübersehbare Vielzahl von Tempel und Pagoden, soweit das Auge reicht. Dazu steigen wir am Morgen auf eine für diesen Zweck geöffnete Pagode hoch hinauf und genießen den Ausblick bis zum Horizont. Die letzten Heißluftballons, die zu Duzenden dem täglichen Sonnenaufgang entgegenfahren, kehren wieder auf den irdischen Boden zurück. Am Abend nochmals zur selben Pagode wo ein sensationeller Sonnenuntergang das Land in einen unvergesslichen goldenen Glanz hüllt. Unser letzter Tag am Irrawaddy führt uns zum zwei Autostunden entfernten Mount Popa, einem
heiligen Berg mit grandioser Aussicht und diebischen Affen, die sich alles schnappen, was nicht niet- und nagelfest ist. Nachdem wir bei diesem Teil unserer Reise voll auf unsere Kosten gekommen sind, alle unsere Erwartungen übertroffen wurden, freuen wir uns nun auf den letzten Teil der Reise, den Inle See mit seinen berühmten Fischerbooten, welche mit einem Bein gerudert werden.
Euer Gerhard Rieder