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7. Oktober 2021Neu im Blog: Uruguay – Am Rio de la Plata
18. Oktober 2021
URUGUAY
Am Rio de la Plata -
von riesigen Fleischbergen und entspannter Gemütlichkeit
Einfach nur grün, grün und nochmals grün. Dazwischen gelegentlich ein paar bräunliche Tupfer, die Wasserlöcher zu sein scheinen. So präsentiert sich die Pampa Uruguays auf den letzten eineinhalb Stunden des Fluges von Madrid nach Montevideo. Nun ist also klar, wo die ganzen Rinder zu ihrem Futter kommen, für die das kleine Land, eingeklemmt zwischen den mächtigen Nachbarn Brasilien und Argentinien, so bekannt ist. Der Flughafen in Montevideo macht dem Reisenden dann bewusst, dass man nicht in einer der riesigen Metropolen des Kontinents gelandet ist, dafür aber in einer der liebenswürdigsten Städte Lateinamerikas.
Mit dreieinhalb Millionen Einwohnern, davon eineinhalb Millionen in der Hauptstadt, bei der ungefähr doppelten Größe Österreichs, ist das Land für südamerikanische Verhältnisse ein Zwerg. Auch sonst fällt Uruguay etwas aus den vorhandenen Klischees. Mit einem bescheidenen, aber vorhandenen Sozialstaat, relativer Sicherheit und guten Bildungschancen für alle Einwohner, sowie einer stabilen Demokratie, wäre Uruguay auch in vielen europäischen Vergleichsstatistiken nicht an letzter Stelle. Ach ja, irgendwann in der fußballerischen „Jungsteinzeit“ war Uruguay auch schon zweimal Weltmeister. Begrenzt wird die Stadt Montevideo im Süden durch das größte Mündungstrichter-Delta der Welt – dem Rio de la Plata.
Diese 290 km lange und stellenweise 220 km breite Flussmündung entwässert den zentralen Teil Südamerikas vom Pantanal bis zum nördlichen Argentinien. Seit meiner Kindheit und dem Lesen verschiedener Karl May Bände – in dem Fall Nr. 12 und 13 - ist mir dieses Gewässer bekannt. Seine schlammigen, kupferbraunen Fluten sind auch aus dem Weltraum gut zu erkennen. Schon der erste Weltumsegler Ferdinand Magellan, der hier die erhoffte Durchfahrt in den Pazifik auskundschaftete, musste aufgrund der Farbe und des immer brackiger werdenden Geschmacks des Wassers bald erkennen, dass es sich hier um einen Fluss handelt. Später, daher der Name, transportierten die Spanier Ihre Erz- und Edelmetallerträge aus dem heutigen Bolivien an die Küste. Erst lange danach entstanden die zwei Großstädte Buenos Aires/Argentinien und Montevideo / Uruguay an seinen südlichen und nördlichen Ufern.
Montevideo entpuppt sich als hübsche, architektonisch von den vielen Einwanderern aus dem Mittelmeerraum geprägte Stadt. Eine breite Uferpromenade, die Rambla, trennt die Stadt auf vielen Kilometern vom Wasser. Hier tummeln sich am Abend abertausende Bewohner und genießen im milden Klima an den Stränden, den Cafes oder beim Spazieren den endlosen Blick über das Wasser. Das argentinische Ufer gegenüber ist aufgrund der Breite des Flusses nicht zu erkennen. Vor dem Spaziergang empfiehlt sich noch der Besuch der Altstadt beim Mercado del Puerto. Eine große Dichte an Restaurants, spezialisiert auf „Asado“, riesigen, über offenem Feuer gegrillten Fleischbergen vom Rind und Lamm, laden bei einem guten Glas Wein, meist aus argentinischem Anbau, zum Verweilen ein und vermitteln einen bleibenden Eindruck über die Esskultur in diesem Teil der Welt. Als Veganer wird man, hier zumindest, auf wenig Verständnis stoßen.
Für den nächsten Tag buchen wir einen Ausflug nach Punta del Este – dem wichtigsten und bekanntesten Badeort des Landes. Als einzige Europäer, in einem Bus voll mit brasilianischen Touristen, entpuppt sich die Fahrt als heiter, laut und dramatisch – eine fahrende Telenovela. Am Endpunkt des Flusses, schon an der Atlantikküste, schimmert der Ozean in sattem Blau und ist eine wohltuende Abwechslung zum trüben Braun der Sedimente im Rio de la Plata. Der Ort selbst, eine Mischung aus Miami Beach und Sylter Nordseeküste, bietet dem wohlhabenderen Teil der Bevölkerung ein schönes Urlaubs- und Wochenenddomizil, lockt aber auch Besucher aus Brasilien und Argentinien an. Casinos, große Appartementblöcke, Restaurants und Hotels, Galerien und Cafes, aber auch ein kilometerlanger, breiter Strand vor einem relativ rauen Ozean, schaffen Urlaubsambiente . Besonders im Südsommer von November bis April mausert sich Punta del Este zum Zentrum des Landes.
In Lateinamerika – auch bei weiten Strecken - ist, neben dem Flugzeug, der Bus das wichtigste Fortbewegungsmittel. Verlässlich und günstig, und das in so gut wie allen Staaten Mittel- und Südamerikas. Dementsprechend sind die Busbahnhöfe auch die Lebensadern der Städte. So finden auch wir uns am Abend im „Tres Cruze Busterminal“, dem wichtigsten Busbahnhof der Stadt ein. Nach einigem Durchfragen und Umherlaufen finden wir dann auch die Schalter, die die Kombitickets mit Bus und Fähre nach Buenos Aires verkaufen und buchen eine Passage für den nächsten Tag. Dann suchen wir die Stelle, von der aus unser Bus wegfahren soll, damit wir am Morgen nicht in einen zeitlichen Stress geraten.
Wie erwartet ist am Morgen die Hölle los, als wir in Tres Cruzes eintreffen. Schon mit allen Dokumenten versorgt, warten wir gemütlich am Ausgang Nr. 11 auf unsere Abfahrt nach Colonia del Sacramento, der ältesten Stadt des Landes, UNESCO Weltkulturerbe und die am nächsten gelegene Stadt zu Buenos Aires. Da die Fähren hier am Günstigsten sind und die Verbindung am Schnellsten ist, wirkt das supermoderne Fährterminal neben der alten Kolonialstadt etwas sonderbar. Wir deponieren unser Gepäck, schlendern durch die schönen, alten Gassen und nach einer Stärkung besteigen wir die Fähre nach Buenos Aires, wo es sicher nicht mehr so beschaulich und „tranquilo“ zugehen wird wie hier im schönen Uruguay!
Euer Gerhard Rieder