NEUSEELAND (Nordinsel)
24. März 2021Neu im Blog: Australien & Neuseeland
15. April 2021
AUSTRALIEN - Queensland
von unsanften Liebhabern und zwickenden Reptilien
Was für ein Klimaschock als wir in Cairns aus dem Flugzeug steigen, welches uns direkt von der Wüste bei Ayers Rock in den tropischen Nordosten des Kontinents brachte. Die Luftfeuchtigkeit raubt einem den Atem und im Nu sieht man das auch an unseren nassen T-Shirts. Nach der Übernahme des Mietwagens und der Fahrt zum Hotel in Cairns erleben wir gleich zu Beginn ein sensationelles Naturschauspiel. Vor der untergehenden Sonne, die das ganze Firmament in Pastellfarben einhüllt, erheben sich abertausende von Flughunden, die sich von ihren Schlafbäumen in den Urwald vor der Stadt aufmachen um dort Nahrung zu suchen. Diese größten aller Fledertiere verdunkeln allabendlich den Himmel und sind ein beliebtes Fotomotiv für Touristen.
Unsere Ziele für den nächsten Tag liegen im Norden von Cairns. Wir möchten soweit fahren, wie es die Küstenstraße zulässt und das wäre bis kurz vor Cape Tribulation. Zuerst aber noch einen Abstecher in den Kuranda Nationalpark, den man entweder mit der Seilbahn, mit einem Touristen-Nostalgiezug oder mit dem Auto befahren kann. Am gleichnamigen Ort in der Mitte des Nationalparks angekommen, durchstreifen wir die gut markierten Wanderwege mit seinen vielen Erklärungen zu Fauna und Flora des tropischen Regenwaldes.
Gemütlich geht die Fahrt weiter nach Norden bis Port Douglas, wo wir uns eine günstige Bleibe suchen und am Nachmittag noch weiter bis an die Grenze für „normale Autos“ fahren. Für alle, die noch weiter die Cape York Halbinsel erkunden wollen, geht es nur mehr mit 4x4 weiter, in der Regenzeit gar nicht mehr. Wir aber sind zufrieden bis zum Cape Tribulation zu kommen, benannt von James Cook, der hier auf seiner ersten Weltumseglung auf Grund lief und viele Wochen mit der Reparatur seines Schiffes beschäftigt war. Das nördlich davon gelegene Cooktown erinnert an den wohl größten Seefahrer der Geschichte. Hier befindet sich auch jene Stelle am Great Barrier Reef, an der das Riff und der tropische Regenwald direkt aufeinander treffen, nur durch einen schmalen Sandstreifen getrennt. Die Symbiose zwischen Regenwald und Riff und deren positive Auswirkungen werden erst seit Kurzem von der Wissenschaft
voll erkannt und erforscht. Was für Cairns die Flughunde sind, sind für Port Douglas die tausenden von Papageien, die in den Bäumen des Ortszentrums übernachten und eine dementsprechende Lautstärke produzieren. Nun verstehen wir auch, warum so viele Sonnenschirme in der Nacht in den Außenbereichen der Restaurants aufgespannt sind. Besonders laut, lustig und unterhaltend ist das Wettfliegen ganzer Vogelgruppen, das längs über die Hauptstraße zwischen zwei Stromleitungen stattfindet.
Am nächsten Tag soll uns ein Ausflugsboot von Port Douglas hinaus zu den Korallenriffen des Great Barrier Reef bringen. Das Riff, das sich von Cape York bis Brisbane parallel der Küste entlang zieht ist das längste Riff der Welt und ist nichts anderes, als die mit Korallen bewachsene ehemalige Küstenlinie, die sich während der letzten Eiszeit in ca. 70 bis 150 km Entfernung vom heutigen Festland befand.
Bestehend aus abertausenden einzelnen Korallenriffen gilt das Riff heute in seiner Gesamtheit als die größte von Lebewesen geschaffene Struktur unseres Planeten. Die eineinhalbstündige Fahrt durch relativ raue See bis zur Riffkante ist für viele der meist asiatischen Gäste an Bord eine Herausforderung. Ihre Gesichter sind über die bereitgestellten Papiertüten gebeugt. An der Riffkante ankert das Boot über einer großen Sandfläche, die kreisrund von vielen Korallenstöcken umgeben ist. Die meisten an Bord möchten nur schnorcheln und so sind wir beim Tauchen nur zu dritt. Schöne Korallen, ein paar schlafende Weißspitzenriffhaie und große Sepien sind die optische Ausbeute dieses Tauchgangs. Die Korallentiere selbst sind in gutem Zustand und zumindest hier merkt man von der Korallenbleiche nichts.
Natürlich nutzen wir hier draußen auch die Gelegenheit zum Schwimmen im kristallklaren Wasser. An der Küste ist das leider fast nirgends möglich, da die Flüsse aus dem Wald, aber auch die riesigen Zuckerrohrfelder nach jedem tropischen Regenguss Unmengen an Sedimenten mit sich bringen und ins Meer spülen. Dadurch wird der Küstenstrich von einem mehrere hundert Meter breiten rotbraunen Gürtel gesäumt. Das wäre nicht so schlimm, wenn dieses Wasser nicht auch noch unliebsame Bewohner anziehen würde. Es sind nicht nur die tödlichen Würfelquallen, die eher im Monsoon durch die Strömungen in Küstennähe zu finden sind, sondern auch meterlange Salzwasserkrododile und die bis weit in die Flüsse schwimmenden Bullenhaie suchen das trübe Wasser gezielt auf. Die vielen Warnschilder an den Stränden sind eindeutig und machen das Baden nicht gerade attraktiv.
Die meisten Städte an der Küste haben überwachte und mit engmaschigen Netzen abgesicherte Schwimmbereiche eingerichtet, die man bedenkenlos nutzen kann. Entlang der Küste, vorbei an endlosen Zuckerrohrfeldern, dichten Eukalyptuswäldern erreichen wir Townsville, eine Universitätsstadt, weltweit berühmt unter Meeresbiologen. Der geplante Tauchabstecher zum berühmten Wrack der „SS Yongala“ und nach Magnetic Island, berühmt für seine Vielzahl an Kängurus und Koalas, müssen wir aus Zeitgründen leider ausfallen lassen. Überhaupt macht sich das berühmteste Tier Australiens relativ rar auf unserer Reise. Außer auf Golfplätzen sehen wir fast keine Kängurus. Koalas in den Eukalyptusbäumen zu finden ist ohnehin Glückssache.
So fahren wir gemütlich weiter, genießen die Landschaft, bevor wir Airlie Beach erreichen. Dieser Ort ist
sehr beliebt bei Australien Reisenden. Er bietet eine sehr gute Infrastruktur und dient hauptsächlich als Ausgangspunkt zu den berühmten „Whitsundays“, den Pfingstinseln, die von James Cook nach ihrem Entdeckungsdatum so benannt wurden. Diese tropische Inselwelt beherbergt einige der exklusivsten und teuersten Resorts der Welt, aber auch für Tagesausflüge empfiehlt sich dieses Labyrinth aus unzähligen, meist unbewohnten Eilanden. Besonders der Ausblick vom Hill Inlet lookout auf der Hauptinsel ist unvergesslich. Diesen Platz steuern wir auch mit unserem Ausflugsboot an und nach einer halbstündigen Wanderung bietet sich uns ein grandioser Ausblick über die Bucht. Der Sand aus fast reinem Quarz ist geschützt und ein illegales Entnehmen von Sand wird hoch bestraft. Nur einmal durften ein paar Tonnen Sand entfernt werden, nämlich als die NASA den Spiegel für das Hubble-Spaceteleskop daraus fertigte.
Als ich unseren Guide frage, ob es hier auf den Inseln auch viele Giftschlangen gibt, kommt nur die lakonische Antwort. Es gibt insgesamt zwanzig verschiedene Schlangenarten auf den Inseln, aber nur vier davon - kurze Sprechpause – sind nicht giftig. Irgendwie schaut man den Boden auf den man tritt jetzt noch etwas genauer an. Nach der Fahrt entlang einiger Buchten, einem Lunch am Strand und einem Tauchgang, sind wir am Abend wieder zurück in Airlie. Der laute Beat aus den Bars und Diskotheken begleitet uns bis tief in die Nacht und lässt uns die Ruhe und Einsamkeit der Inseln noch höher schätzen.
Über Rockhampton steuern wir auf das letzte Ziel unserer Reise entlang des Barriere Riffs – die Hervey Bay - zu. Nun merkt man an der Vegetation,
dass wir langsam von den Tropen in die Subtropen wechseln. Nach Hervey Bay locken uns zwei Highlights. Im australischen Winter von Juni bis September gebären hunderte von Buckelwalen aus der Antarktis in der seichten Bucht mit ihrem warmen Wasser ihre Kälber. Die Bucht ist zum Pazifik hin durch die größte Sandinsel der Welt – Fraser Island geschützt. Wir buchen einen zweitägigen Ausflug – einen Tag für die Wale, einen für die Sandinsel. Beides entpuppt sich als absoluter Hit. Machen sich die Wale am Beginn unserer Bootsfahrt noch rar, wird es nachher umso spannender. Wir werden Zeugen, wie Walmütter ihre Kälber absichtlich zwischen sich und unser ca. 25 Meter langes Boot schieben. Dies, um sie vor den riesigen Walbullen zu schützen, die sich nun zu den Walkühen hingezogen fühlen, da diese nach der Geburt ihrer Jungen
für wenige Tage fruchtbar sind. Dabei sind die Bullen alles andere als sanft und nehmen testosterongesteuert wenig Rücksicht auf die Kälber, die bei diesen Annäherungsversuchen sogar ums Leben kommen können, wenn sich zwei oder mehrere Bullen um ein Weibchen bemühen. Für uns ist das Schauspiel einfach nur grandios und einzigartig, diesen gewaltigen Tieren so nahe zu sein.
Am nächsten Tag geht es mit einem Bus auf eine kurze Fährstrecke über eine Meerenge in einen Mangrovenwald, in dem eine kleine Anlegestelle liegt. Wir sind auf Fraser Island. Dort wechseln wir den Bus und steigen in ein wahres Monster mit riesigen Rädern ein. Die dienen dazu um im weichen Sand der Dünen fahren zu können. Die ganze Insel ist aus Sand, auch wenn viele Teile mit Kiefern überwachsen sind, die mit ihren Pfahlwurzeln im labilen Untergrund gut Halt finden. Zwischen den Sanddünen fliesen teilweise Bäche und es sind einige Süßwasserseen entstanden.
Grandios ist aber auch der über 100 km lange Strand zur offenen Pazifikseite hin. Rau und stürmisch, davon zeugen auch die Wracks, die rostig am Ufer liegen. Er ist befahrbar und sogar kleine Flugzeuge landen auf ihm. Von den berühmten Fraser-Island-Dingos, den angeblich noch reinrassigsten Wildhunden Australiens, die vor über 40.000 Jahren als Haustiere gemeinsam mit den Aborigines hier gelandet sind, sehen wir heute allerdings keinen. Gegen Ende der Rundfahrt gibt es noch einen Badestopp an einem der Seen. Der Guide meint noch, man solle sich durch die Schildkröten nicht stören lassen, die wären harmlos. Als wir im See schwimmen merken wir, dass die Viecher uns dauernd in die Zehen zwicken. Nicht nur uns geht es so, rund um uns zeigen alle die gleichen erschrockenen Reaktionen. An Land müssen alle darüber lachen.
Am Ende unserer Rundfahrt durch Queensland und fast am Ende unserer Australienreise, möchten wir noch zwei Tage in Brisbane, der größten Stadt des Bundesstaates verbringen. Mit der nördlich der Stadt gelegenen Sunshine Coast und der südlichen Gold Coast, ist der Großraum Brisbane das unumstrittene Ferien-Badezentrum des Landes. Auch die Stadt selber, auf vielen Hügeln an einem Fluss gelegen, ist sehr ansprechend. Kilometerlange Strände, Hochhäuser die an Honolulu oder Miami Beach erinnern, Schulklassen die am Strand Surfunterricht bekommen, die BademeisterInnen mit ihren lustigen Badehauben – hier werde alle Australienklischees war.
Ein letzter Blick aus dem Flugzeug, das uns nach Singapore bringt, auf Brisbane. Jetzt ist diese Reise zwar vorbei, aber unauslöschlich in unseren Gedanken gespeichert!
Euer Gerhard Rieder